"Die Rückkehr des Tanzlehrers"
("Danslärarens återkomst", 2000)

 

Autor:
Henning Mankell


Titel:
"Die Rückkehr des Tanzlehrers"
Verlag:
Zsolnay Verlag (505 Seiten / Hardcover)
Erscheinungsdatum:
Oktober 2002 


 

Autor:
Henning Mankell


Titel:
"Die Rückkehr des Tanzlehrers"
Verlag:
dtv galleria (512 Seiten / Taschenbuch)
Erscheinungsdatum:
September 2004 (Erstausgabe) / September 2009 (Neuauflage)


 

Titel:
Henning Mankell - "Die Rückkehr des Tanzlehrers"
Sprecher: Rosemarie Fendel, Christian Berkel, Andreas Fröhlich, u.a.
Regie: Thomas Leutzbach

 

 

2 CD, Laufzeit: 105 min.
Erscheinungsdatum:
24. November 2003

 

 

kurzbeschreibung



Wer fordert einen toten Mann zum Tangotanzen auf? Mankells neuer Kommissar Stefan Lindman, 37, steht vor einem Rätsel: Sein ehemaliger Kollege Herbert Molin ist ermordet worden, und am Tatort werden blutige Fußspuren gefunden, die wie Tangoschritte aussehen. Gibt es einen Zusammenhang mit Molins Vergangenheit als SS-Mann? Lindman ermittelt auf eigene Faust in Mankells Heimatort Härjedalen... Henning Mankell hat einen grandiosen Kriminalroman geschrieben, der ein Stück deutsch-schwedischer Geschichte erzählt.

 

 

leseprobe



- Eine Leseprobe zu diesem Roman finden Sie hier -

 

 

essay



Stefan Lindman ermittelt

Nach dem letzten Kurt-Wallander- und vor dem ersten Linda-Wallander-Roman meldet sich Henning Mankell mit einem anderen Krimi zurück.

Die Hauptperson dieses Romans, Stefan Lindman, versieht seinen Dienst nicht in Schonen sondern in Borås in Västergötland. Stefan ist jünger als Wallander, wird somit nicht von Zucker und Bluthochdruck gequält, hat eine Freundin, Elena, und so könnte man meinen, dass man es hier nach Wallander mit einem halbwegs glücklichen Ermittler zu tun bekäme. Weit gefehlt: Das Buch beginnt damit, dass Stefan die Diagnose bekommt, dass er einen bösartigen Krebstumor in der Zunge hat; die Behandlung soll in vier Wochen beginnen.

Während er in der Cafeteria des Krankenhauses sitzt und versucht sich klar zu werden, was er in diesen vier Wochen tun sollte oder möchte, liest er in der Zeitung, dass in Sveg in Härjedalen der pensionierte Polizist Herbert Molin ermordet wurde. Als Stefan bei der Polizei in Borås anfing, war es eben jener Molin, der ihn in die praktische Polizei-Arbeit einwies. Nach Molins Pensionierung hatten sie keinen Kontakt mehr und nun wurde Molin also ermordet.
Stefan erinnert sich an ein Ereignis aus der Zeit als er noch mit Molin zusammenarbeitete und aus dem er schließt, dass Molin Angst hatte, dass er sich verfolgt fühlte. Aber von wem?
Auf der Flucht vor den Gedanken an seinen Krebs und vor Elena, die er nicht an sich heran lassen möchte, begibt sich Stefan nach Härjedalen auf die Suche nach dem Mörder.

Viele Fragen tun sich auf: Warum hat Molin in den 50er Jahren seinen Namen geändert? Was bedeuten die blutigen Spuren in Form von Tangoschritten am Tatort? Warum hat eine Bekannte Molins eine SS-Uniform im Schrank? Hier wird eine wichtige Spur deutlich: Die Lösung dieses Mordfalls scheint irgendwo in der Nazizeit zu liegen. Stefan entdeckt Molins Tagebuch und es stellt sich heraus, dass Molin auf Seiten der Deutschen im Zweiten Weltkrieg gekämpft hat.

Diese Tagebuchausschnitte sind die Stellen in dem Buch, die ich am eindringlichsten fand. Was bewegt einen 19-jährigen im neutralen Schweden dazu sich freiwillig in den Krieg zu begeben? Und was bringt ihn dazu, trotz seiner schrecklichen Erlebnisse, von „der Sache“ überzeugt zu bleiben?Stefan beginnt sich nun zum ersten Mal mit der Vergangenheit seines Landes während des Zweiten Weltkrieges zu beschäftigen. War die schwedische Neutralität tatsächlich so neutral?
Mankell spricht in diesem Buch etwas an, was in Schweden bis heute oft nicht gern gehört wird: Es gab auch in Schweden Menschen, die mit den Nazis sympathisierten, die vielleicht sogar auf eine Besetzung Schwedens durch die Deutschen hofften. Stefan - und damit dem Leser - wird im Laufe der Zeit auch klar, dass der Nationalsozialismus keine Sache der Vergangenheit ist. ...und die heutigen Nazis sind keinesfalls nur „dumme Jungen mit rasierten Schädeln“.
Einer Spur aus Molins Tagebuch nach Kalmar folgend entdeckt Stefan eine wohlorganisierte Gruppierung mit internationalen Verbindungen, die im Verborgenen auf die rechte Zeit für ein „Viertes Reiches“ wartet...

Neben diesen historischen und gesellschaftlichen Aspekten ist das Buch natürlich wieder ein großartiger Krimi. Die Frage, wie was warum womit zusammen hängt, tritt nie zu sehr in den Hintergrund. Meiner Ansicht nach meisterlich beschreibt Mankell auch Stefans Flucht vor seiner Krankheit, die ihm natürlich nicht glückt. Immer wieder fragt er sich, ob dieser kleine Knubbel in seiner Zunge nun tatsächlich sein Tod sein kann. Wie ist es zu sterben? Wie die Dunkelheit in der Wäldern Härjedalens, wie die Fahrt über die Öland-Brücke in Nebelschwaden...?

Geglückt sind auch wieder die kleinen Kuriositäten, die Mankell einstreut, wie der unwahrscheinliche Name des Polizisten in Sveg, Giuseppe Larsson, benannt nach einem italienischen Schnulzensänger, der sich seiner Zeit in den hohen Norden verirrte und Giuseppes Mutter sehr beeindruckte. Ein kleiner Bogen wird auch nach Ystad geschlagen: Der Bruder von Justizminister Wetterstedt taucht auf, dessen Ermordung Wallander in „Die falsche Fährte“ Kopfzerbrechen bereitet.

Auch wenn einem Wallander nach 9 Bänden natürlich ans Herz gewachsen ist, steht dieses Buch der Serie in nichts nach; und zur Abwechselung gibt es hier zumindest für die Hauptperson eine Art von Happy-End.

Katharina Hülswitt