Interview mit Henning Mankell |
Gewalt an Frauen: das am besten versteckte Verbrechen Interview mit Bestsellerautor Henning Mankell Für die Verfilmung Ihres Romans "Die fünfte Frau” haben Sie – anders als bei "Die falsche Fährte" - nicht das Drehbuch geschrieben. Hat Ihnen der Film trotzdem gefallen? Ja,
außerdem habe ich das Drehbuch von Klas Abrahamsson schon vorher lesen
können, und es hat mich wirklich auf positive Art überrascht. Ich
wusste also, wie an dem Film gearbeitet wurde, und das Ergebnis halte
ich für sehr gut. Ist es sogar besser, wenn ein anderer Autor das Drehbuch schreibt? Na,
ja, es kommt drauf an, wer. Auf jeden Fall ist es gut, wenn jemand die
Adaption mit frischem Blick vornimmt. Vielleicht sogar besser, als wenn
ich das Gleiche noch mal mache. Es gibt aber Gründe dafür, dass ich
die "Falsche Fährte" selbst schreiben wollte, obwohl ich so
etwas nur selten mache. Ich mag es eigentlich, wenn andere Leute die
Filme machen. Deshalb habe ich es auch abgelehnt, weitere
Wallander-Drehbücher zu schreiben. Und warum wollten Sie "Die falsche Fährte" selbst schreiben? Ganz
einfach: Ursprünglich war gedacht, dass meine Frau Regie führen würde.
Aus verschiedenen Gründen konnte sie es dann doch nicht tun. Beim ersten Film hat dann Leif Magnusson Regie geführt, bei "Die fünfte Frau" der Däne Birger Larsen. Beide haben ihren eigenen Stil. Wie schätzen sie das ein? Ich
mag beide. Zum Glück habe ich ein Veto-Recht bei der Wahl des
Regisseurs. Sie arbeiten unterschiedlich, aber beide sind gut. Außerdem
mag ich es, wenn die einzelnen Romanverfilmungen einen unterschiedlichen
Stil haben. Wie würden Sie den unterschiedlichen Stil beschreiben? Ich möchte die beiden Filme nicht miteinander vergleichen, denn sie sind unabhängig voneinander entstanden.
Das Hauptthema des Films ist Gewalt gegen Frauen. Wieso haben Sie sich dieses Themas angenommen? Wir
alle wissen, dass Gewalt gegen Frauen zu den am besten versteckten
Verbrechen der Welt gehört. Der Roman beginnt mit einem Prolog in Algerien. Was hat Sie an Algerien fasziniert? Es
ist nur der Beginn der Geschichte, den ich ausgesucht habe. Mit Algerien
hat es eigentlich nichts zu tun. Ich habe einfach entschieden, die
Geschichte so zu schreiben, dass sie dort beginnt. Buch und Film weisen einige erzählerische Unterschiede auf. Zum Beispiel wird Wallanders Liebe im Film von einer Frau erwidert. In den Büchern wirkt er dagegen in Liebesdingen unglücklich. Ich
finde nicht, dass er unglücklich ist. Er ist sicher nicht glücklich,
aber deswegen noch lange nicht unglücklich. Er sucht das Glück und
wird es immer suchen, weshalb er nicht unglücklich sein kann. Sein Glück
liegt wohl eher darin, dass er nicht resigniert, sondern die Situation
ändern will. In der Liebe hat er im Film aber mehr Erfolg als im Buch. Gefällt Ihnen das? Ich habe keine Probleme damit. Zumal ich mit Marie Richardson als Maja Thysell sehr glücklich bin. Ich habe schon mit ihr beim Theater gearbeitet und halte sie für eine sehr, sehr gute Schauspielerin.
Sie haben die Reihe mit Wallander schon abgeschlossen. Ihre neue Heldin ist Wallanders Tochter Linda. Wann werden diese Bücher in Deutschland erscheinen? Das
erste Buch "Vor dem Frost" ist in Schweden schon erhältlich.
In Deutschland werden aber vorher noch drei andere Bücher, unter
anderem ein Krimi mit dem Kommissar Stefan Lindman, von mir auf den
Markt kommen. Deshalb möchte ich über die Linda-Romane noch nicht
reden. Wird sich das erste Buch mit Linda auch gut für eine Verfilmung eignen? Ja,
ich glaube, es eignet sich gut für die Verfilmung, aber im Grunde
verstehe ich nicht viel davon. Denken Sie denn schon beim Schreiben an den Film? Nein,
denn dann könnte ich nicht mehr schreiben. Ich denke nicht einmal an
Schauspieler, wenn ich Charaktere entwerfe. Ich denke nur ans Schreiben. Das ZDF zeigt die Filme zwischen Weihnachten und Neujahr. Wo werden Sie dann sein? Ich weiß es noch nicht sicher, aber ich werde wahrscheinlich in Mozambique sein. Ich bin mir sicher, der Film wird viele Zuschauer in Deutschland haben. Noch mehr als die "Die falsche Fährte". Er hat noch mehr Kraft, wie ich finde. Er hat mir wirklich gut gefallen. Das Interview führte Frederic Ulferts. |